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Wer sucht, der findet – sich im Fell

Vom Menschen zum Werwolf und vom Werwolf zum Wolfsdrachen. Nori hat sich als Furry eine eigene, passende Identität gestiftet. Angefangen auf dem Papier, ist eine Fantasie Realität geworden.

Das Plüschtier ist ein enger Begleiter von uns allen. Es ist flauschig, es ist weich und vor allem ist es ein*e Freund*in, auf das wir uns verlassen können. Oft entwickelt das Plüschtier ein Eigenleben: Fällt es nachts zu Boden, hält es die Monster, die sich unter dem Bett verstecken, in Schach. Dann wieder hört es uns einfach zu. Dann wieder schaut es zusammen mit uns einen Film an.

Was passiert, wenn wir eine weitere Grenze übertreten und selbst zum Plüschtier werden? Zusammengefasst ist das Noris Geschichte. Eine Geschichte über einen Furry. Höre sie dir hier an oder lies weiter im Text:

Musik und Soundeffeke: pixabay.com & sonniss.com/gameaudiogdc

Aber was sind Furries überhaupt? Furries werden in ihren Fursuits oft als lebensgrosse Plüschtiere beschrieben und zu diesen zählt sich au Nori. Er ist seit sechs Jahren ein Furry und besucht regelmässig Furry-Stammtische, Conventions und konnte im Furry Fandom seine Identität aufbauen. Denn dieses Hobby ist für Nori auch eng mit seiner Transmaskulinität verknüpft.

Vom Papier über das Internet hinweg in die echte Welt

„Nori“ – das war ursprünglich Noir. Ein fiktiver Charakter auf Papier. Ein weiblicher Werwolf, der bereits mit maskulinen Attributen aufwartete. Als sich Nori schliesslich mit seinen Zeichnungen ins Internet wagte und sich mit anderen Furries auszutauschen begann, veränderte sich Noir immer stärker. Aus dem weiblichen Werwolf wurde ein männlicher Wolfsdrachen und der Name änderte sich von „Noir“ zu „Nori“.

Nori (20) in seinem schwarz-roten Fursuit.

Der Wolf war immer schon ein wichtiger Bezugspunkt für Nori: Während der Wolf ein Rudeltier ist und sich auf das Wohlergehen von anderen achtet, ist er auch frei und kann sich so bewegen, wie er möchte. Mit den festen Rollen innerhalb des Rudels hat Nori einen Ersatz für eine fehlende Rollenverteilung innerhalb seiner Familie gefunden.

Die Fasnacht als Katalysator

An der Fasnacht 2019 wechselte der Charakter „Nori“ schliesslich vom Papier in die Realität. Nori machte es sich zum Ziel einen eigenen Fursuit zu nähen und mischte sich damit unter die Fasnachtsgänger*innen. Von da an gab es fast kein Halten mehr. Nori besuchte verschiedene Conventions in der Schweiz und lernte immer mehr andere Furries kennen und gelangte so ins Furry-Fandom, in dem er sogar seinen jetzigen Freund kennenlernte.

Eindrücke vom Furry-Treffen in der Berner Altstadt

Sobald Nori in den Fursuit schlüpft, verändert sich sein Verhalten. Nicht mehr scheu, sondern neugierig. Nicht mehr im Hintergrund, sondern im Vordergrund. Sein inneres Kind komme so zum Vorschein, erzählt er mir: “Ich werde offener. Ich gehe auf die Leute zu. Ab und zu klaue ich auch sehr gerne Zeug, das Leute dabeihaben.”
Das habe nicht nur mit der Verwandlung in einen Wolfsdrachen zu tun, sondern auch mit der Anonymität, die er unter der Maske geniessen kann.

Furry und trans sind bei Nori eng miteinander verknüpft

An Noris Fursuit ist auch immer ein Button angebracht, auf dem seine Pronomen stehen. Damit wird er als Wolfsdrache immer korrekt angesprochen und hat sich deswegen besonders zu Beginn sehr viel wohler innerhalb des Fursuits als ausserhalb und meint: „Vor allem durch diesen Suit, wo niemand wusste, was für ein Geschlecht darunter ist, konnte ich das ausleben.“

Als schliesslich auch der Namenswechsel für ihn selbst anstand, dachte er zuerst an Chase. Viele Freund*innen um ihn herum fanden aber Nori viel passender und so übernahm er einfach den Namen seines Fursonas.

Heute organisiert Nori Furry-Events und schafft so Orte für junge Furries, die sich dort so ausleben können, wie es Nori einmal selbst tat und immer noch tut. Damit hat sich sein Fursona mit ihm ganz verschmolzen. Viele Charakteristika, die er im Fursuit auslebt, nimmt er jetzt auch in den Alltag mit. Trotzdem bleibt er Furry, denn mit diesem Hobby ist ein grosser Teil seines Freund*innen-Kreises verbunden und darüber hinaus nutzt er es weiterhin als willkommene Realitätsflucht.

Eine Frage der Balance

Trotzdem kam es auch schon dazu, dass die Realitätsflucht die Überhand gewann: „Es gab auch Zeiten, in denen ich nicht aus dem Suit mehr wollte, weil ich mich in dieser Rolle so verdammt wohl gefühlt habe.“ Diese Spannung habe nicht zuletzt auch sein Freund Borak auflösen können, der Nori als stabiler Anker bis heute Halt gibt.
Borak ist auch ein Furry. Er hatte sich aber zunächst in anderen Communities als Nori zurechtgefunden, bis sie sich an einer Convention getroffen haben. Borak war und ist in VRChat unterwegs und trifft dort andere Furries. VRChat ist eine virtuelle Umgebung, die oft von User*innen selbst generiert sind. Auf solchen Servern kann mit einer VR-Brille gechattet oder gespielt werden. Ausserdem ist der eigene Avatar frei konfigurierbar, weshalb die Plattform auch unter Furries beliebt ist.

Internet und Furry-Fandom sind ein gutes Paar

Dass sich Furries besonders online treffen, ist keine Seltenheit. Das Fandom interagiert nicht nur auf bekannten Sozialen Medien, sondern auch in eigenen Foren und Board wie furaffinity.net. Dass Furries zu einer der grossen (und wachsenden) Online-Communities gehört, lässt sich auch an den Suchanfragen der letzten Jahre ablesen.

Über die letzten zwanzig Jahre hinweg hat die Suchanfrage "Furry" bei Google stetig an Traction dazugewonnen. Dennoch sind nie grosse Sprünge nach oben oder nach unten passiert. Das Fandom scheint immer eine stabile Anzahl an Fans zu haben.

Ein Furry, der sich oft im Internet aufhält ist phimtown (alias Ven). phimtown ist ein Furry-Artist aus Bochum und tauscht sich besonders online mit anderen Furries aus und hat zu deren letzten Single “spinnin round in my head” ein Musikvideo innerhalb von VRChat produziert. Im Video-Interview siehst und hörst du, was das Internet für phimtown für eine Bedeutung hat.


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